Strategie wird derzeit großgeschrieben. Nicht im Sinne eines monolithischen, unbeweglichen Blocks, sondern einer fluiden, anpassungsfähigen „permanent strategy“. Klingt sexy, weil zukunftsgewandt – hat aber auch eine böse Seite. Dann nämlich, wenn sie in Gestalt der politischen Propaganda auftritt, warnt Birand Bingül, Geschäftsführer von fischerAppelt, advisors und Autor des soeben erschienenen Buchs „Alles Propaganda!“.

Lange hatten Kommunikation und Strategie nicht gerade, na ja, sagen wir: ein erotisches Verhältnis. Es braucht mehr Pep. Worauf zurückzukommen ist. Kommunikationsstrategien standen meist auf Papier, das geduldig ist. Aufwendig abgestimmt und poliert, bis eine Art monolithischer Block aus dem Stein gehauen war. Erhaben und erschöpfend, aber selten sexy.
Heere Ziele, wenig Action – „bad strategy“ würde das der amerikanische Strategiepapst Richard Rumelt nennen. Puh, endlich haben wir eine Strategie. Für die relative Ewigkeit. Ihr natürliches Habitat fanden diese Papiere am Ende meist in Schubladen. Oder in der Ablage P. Und wissen Sie was? Vielleicht hatten sie es auch verdient.

“Die Welt wird in Krisenzeiten strategischer, planvoller, absichtsschwanger. Das färbt auf die Kommunikation ab. Im Guten wie im Schlechten.”
Birand Bingül
Gerade in der Kommunikation wurde Strategie häufig als eine Art Intervention genutzt. Wenn es nicht läuft, macht man sich an eine Strategie. Ein paar Analysen, neue Ziele, Taktiken, Message House, Change-Prozess, bumm. Der Rest war Umsetzung.
Derzeit wird Strategie großgeschrieben. Da ist der Siegeszug von OKR, Objectives and Key Results, als Instrument der Unternehmenssteuerung. Nach den lähmenden Corona-Jahren gibt es vielerorts einen Hunger nach Zukunft und entsprechender, gleichsam brustlösender Weitsicht. Und die volatile, unsichere VUCA-Welt ist noch volatiler und unsicherer geworden.
Die Geburtststunde der „permanent strategy“
Unter dem Eindruck dieser großen Linien erleben wir in der Kommunikation die faszinierende Geburt von etwas, das sich „permanent strategy“ nennen lässt. Strategie thront nicht mehr über allem – manchmal majestätisch, manchmal graue Theorie. Sie ist nicht länger irgendwas zwischen absolutem Herrscher und Frühstücksdirektor des kommunikativen Alltags. Kommunikationsstrategie wird beweglich und fluide. Sie tänzelt und atmet. Schafft keine Wahrheiten, sondern Räume. Spiel-, Erlebnis-, Zukunftsräume.
Machen wir permanent strategy konkret am Beispiel Reputation. […]

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Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der prmagazin-Printausgabe April 2023.