
Die AfD feiert in Ostdeutschland bemerkenswerte Wahlerfolge. Und Umfragen verheißen nichts Gutes. Wie muss politische Kommunikation aussehen, die Populismus erfolgreich begegnen kann? Gedanken von Kristina Faßler, selbst aus der ehemaligen DDR, heute Kommunikationsberaterin und davor unter anderem General Manager Marketing & Commercial Sales der WELT sowie Sendersprecherin von WeltN24, Head of Marketing & Sales bei N24 und Kommunikationschefin von Sat.1.
Wenn Menschen die Veränderungsbereitschaft ihrer Mitmenschen deutlich geringer einschätzen, als sie tatsächlich ist, haben wir ein Kommunikationsproblem. Denn die Frage, ob ich das Gefühl habe, mit der eigenen Meinung, dem eigenen Tun in der Minder- oder Mehrheit zu sein, ist entscheidend für den demokratischen Diskurs. Sie ist relevant dafür, ob und wie viel Platz für Verunsicherung, Wut und Angst potenziell da ist.
Beispiel Klimaschutz: Laut dem aktuellen „Sozialen Nachhaltigkeitsbarometer“ zum Themenkomplex Energie und Verkehr, das seit 2021 jährlich erhoben wird, wird die Bereitschaft zur Veränderung verzerrt wahrgenommen. Sie ist größer als angenommen ( ariadneprojekt.de). Die Befragten glauben beispielsweise, „dass die Befürwortung für den Windausbau vor Ort in Gesamtdeutschland durchschnittlich bei einem Drittel (32 Prozent) liegt“. Tatsächlich ist es mehr als die Hälfte (59 Prozent). Scheint, als seien es nicht DIE Menschen, die nicht bereit sind für Veränderungen.

(Foto: prmagazin/Sebastián Laraia)
Gleichzeitig sind da die Umfragen. Was läuft schief, wenn immer mehr Menschen eine Partei als wählbar bezeichnen oder wählen, deren langjähriger Pressesprecher offen eingesteht: „Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD“? Wenn Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang sich gezwungen sieht, auf vermehrt „verfassungsfeindliche Bestrebungen“ in der AfD zu verweisen, und den Begriff der „wehrhaften Demokratie“ ins Bewusstsein rückt? Ist also jede fünfte und gar fast jede dritte Person in den ostdeutschen Bundesländern massiv falsch abgebogen?
Kann man denken und sagen. Das Problem: Es ändert noch nichts. Gefordert sind alle, die eine tolerante und zukunftsgewandte Zivilgesellschaft für eine gute Lösung halten – eine Gesellschaft, die aus dem Gelingen, aus dem Meistern der Herausforderungen ihre Resilienz und Überzeugungskraft zieht. Bei sich anzufangen. Nicht bei denen da oder dort.
Ja, genau, bei sich. Denn egal, ob Unternehmen, Politik oder Wissenschaft: Das Begeistern von Menschen für die eigenen Werte und Überzeugungen folgt grundsätzlich gleichen kommunikativen Regeln. Eins noch vorweg: Auch ich habe nicht die ultimative Antwort.
Weltweite Pandemie. Krieg in der Ukraine. Klimakrise. Digitalisierung/KI und Arbeitsplätze. Der Umgang mit einer Pandemie war für uns neu. Krieg in Europa? Genauso unvorstellbar. Die meisten von uns, was für ein Privileg, hatten sich an den Frieden gewöhnt. Klimakrise: Was können hier Einzelne, auch einzelne Länder bewegen? Macht es Sinn, sich anzustrengen, wenn andere gefühlt entspannt das Problem ignorieren? Wasmacht eigentlich künftig Künstliche Intelligenz und was noch wir?
Veränderung gab es schon immer. Aktuell verändert sich sehr viel sehr schnell. Viele Krisen, massive Transformation. Je hektischer es wird, je unsicherer, genau dann, wenn eigentlich keine Zeit bleibt, ist Kommunikation die Superkraft. Denn es geht doch darum, gemeinsam und fair das, was unweigerlich ansteht, hinzubekommen. Zu transformieren und nicht transformiert zu werden. Um Selbstbestimmtheit und Selbstwirksamkeit.
Lasst uns zurück auf Los gehen. Wer den Anspruch hat, Menschen zu gewinnen, ist gefordert. Sie „klein“ zu machen, Angst oder gar Wut bei ihnen zu bestärken, ist einfach. Nur es löst eben keine der Herausforderungen. Weniger anfällig für Populismus sind Leute, die nachvollziehen können, was ansteht.
In Zeiten massiver Veränderung scheinen mir folgende fünf Aspekte wichtig, vor allem in der politischen Kommunikation: […]

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Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der prmagazin-Printausgabe September 2023.