„Die Sorge vor Nachahmern ist groß“

Immer mehr Unternehmen bieten ihre Hauptversammlung als digitales Format an. Nun gibt es auch die ersten Bilanzpressekonferenzen, die „digital only“ laufen. Meike Schreiber, Leiterin des Frankfurt-Büros der Süddeutschen Zeitung und Präsidentin des Internationalen Clubs Frankfurter Wirtschaftsjournalisten, warnt davor.

“Ich muss die Vorständinnen und Vorstände sehen. Dann kann ich sie einfach besser einschätzen”: SZ-Korrespondentin Meike Schreiber im Interview mit dem prmagazin.

prmagazin: Seit der Corona-Pandemie setzen immer mehr Unternehmen darauf, ihre Präsenzveranstaltungen digital abzuhalten. Wie sehen Sie diese Entwicklung?

Meike Schreiber: Es war tatsächlich bemerkenswert, wie gut es vielen Unternehmen in der Pandemie gelungen ist, innerhalb kürzester Zeit auf digitale Formate umzuswitchen. Die Veranstaltungen konnten auf diese Weise trotz strenger Auflagen weiterhin stattfinden. Jedoch sehe ich es ziemlich kritisch, dass es nun Unternehmen gibt, die nicht bloß ihre Hauptversammlungen, sondern jetzt auch noch ihre Bilanzpressekonferenzen auf rein digitale Formate beschränken. Das macht nicht nur mir, sondern auch vielen Kolleginnen und Kollegen große Sorgen.

Worauf gründen diese Sorgen?

Die Bilanz-PK ist noch immer die wichtigste Presseveranstaltung eines börsennotierten Konzerns im Jahr. Das ist der Moment, an dem man der Öffentlichkeit zu allen Fragen Rede und Antwort steht. Das ist kein Hintergrundgespräch, das ist „on the record“. Da wird alles aufgezeichnet. Ein Moment der Wahrheit. Eine rein digitale Bilanz-PK lässt sich von einem Unternehmen aber sehr viel besser kontrollieren als eine Präsenzveranstaltung. Natürlich verstehe ich, dass das aus Unternehmenssicht attraktiv ist. Aus journalistischer Perspektive ist es aber ein echtes Problem. Um Unternehmen und Unternehmensführer beurteilen zu können, brauchen Journalisten viele Datenpunkte. Ich muss die Vorständinnen und Vorstände sehen, muss sehen, wie sie auf kritische Fragen reagieren, wie sie ihre Strategien vorstellen. Dann kann ich sie einfach besser einschätzen.

Auf einer digitalen Pressekonferenz können Sie die Vorstände doch auch beobachten und Fragen stellen. Wo sehen Sie hier die Einschränkungen?
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Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der prmagazin-Printausgabe September 2023.