Die Stadtwerke München, einer der größten Grundversorger Deutschlands, müssen die dramatischen Folgen der Energiekrise moderieren. Das gelingt bislang gut – auch weil das Unternehmen schon vor Beginn des Ukraine-Kriegs eine besondere Kommunikationsstrategie verfolgte. Marketing-und Kommunikationschef Andreas Brunner und Vertriebsleiter Stefan Tauber über Vertrauen als „beinharte wirtschaftliche Kategorie“.

prmagazin: Herr Brunner, Herr Tauber, seit wann sind Sie schon im Krisenmodus?
Stefan Tauber: Eine erste Ahnung hatten wir bereits vergangenes Jahr im November. Die Preisanstiege waren extrem, der Gaspreis hatte sich in der Beschaffung verdoppelt, zeitweise sogar verdreifacht. Im Januar waren die Preise dann noch höher. Und das war alles noch vor dem Krieg.
Wie hat das Unternehmen reagiert?
Andreas Brunner: Wir mussten zum 1. Januar die Preise für Erdgas um rund 25 Prozent erhöhen. Ich erinnere mich noch gut an alte Preiserhöhungen um acht oder vielleicht neun Prozent und was das für einen Ärger geben konnte. Als Stefan mir sagte, dass es über 20 geht, wurde mir ganz anders. Im Sommer kamen dann noch mal rund 36 Prozent obendrauf. Zum Jahreswechsel wird es sich noch mal fast verdoppeln. Die Erdgaspreise haben sich im Vergleich zur Zeit vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine mehr als verdreifacht. Jetzt kommen die staatlichen Hilfsprogramme, die diesen Effekt dämpfen werden. Aber es bleibt dramatisch.
Wie haben Ihre Kunden die Preiserhöhungen bisher aufgenommen?
Brunner: Zu unserem Erstaunen gab es bislang sogar mehr Zuspruch als Tadel, die allermeisten Kundinnen und Kunden kennen ja die Lage. Aber man merkt es unseren Schreiben auch an, dass wir selbst ehrlich entsetzt darüber sind, was wir den Kunden antun müssen. Wir schreiben zum Beispiel: „Wir erhöhen die Preise drastisch“ und verwenden keine beschönigenden Worte wie „Preisanpassung“.
Das heißt, Sie versuchen, authentisch zu sein?
Brunner: Ja, und wir wissen auch, was passiert, wenn Menschen schockiert sind: Da ist dann mindestens Unglaube, vielleicht sogar Aggression. Wir wissen, dass wir den Leuten dann etwas an die Hand geben müssen. Also liefern wir Hinweise zum Energiesparen, betonen, dass man immer mit uns reden kann. Dass keiner gesperrt wird, wenn er mal nicht zahlt. Und: Wir bedenken bei jedem Schreiben, was wir demselben Kunden vor zehn Jahren geschrieben haben – und was wir in drei Jahren schreiben werden.
Herr Brunner, Sie haben schon mehrere Stadtwerke kennengelernt. Was ist das Besondere an der Kommunikation für solch ein Unternehmen?
Brunner: Wir sind im Grundbedürfnis tätig. Das hat Vorteile, denn wenn jemand einmal Kunde geworden ist und wir uns keine großen Fehltritte erlauben, dann bleibt er auch bei uns. Aber aus Kommunikationssicht ist es auch speziell. Ich sage immer: Wir sind „High Interest“, aber „Low Involvement“. Die Materie ist komplex und erklärungsbedürftig, deshalb mit wenig Involvement verbunden. Gleichzeitig ist aber allen klar, wie wichtig Strom, Wasser und Heizung sind. Da will man, dass sich jemand drum kümmert: ein sich verantwortlich fühlender Versorger und kein reiner Geschäftspartner. Das hat große Konsequenzen für die Kommunikation.
Die wesentliche Botschaft dürfte also lauten: Wir kümmern uns.
Brunner: Genau. Und darüber hinaus ist es unsere Strategie, Dauerpräsenz zu zeigen. Mit Botschaften wie: Wir sind da, wir waren immer schon da, und wir kümmern uns auch um die Zukunft. Ein Unternehmen, das 125 Jahre alt ist, kann paradoxerweise sehr gut über die Zukunft reden, weil die Menschen uns das glauben. Wer so lange am Markt ist, wird wohl auch in 30 Jahren wahrscheinlich noch da sein.
Tauber: Wir bestätigen und bestärken unsere Kunden immer wieder. Wir sagen: Lieber Kunde, Du hast die richtige Entscheidung getroffen. Wir begleiten Dich auch in diesen schwierigen Zeiten. Das tun wir auch im Sinne einer Art Kaufbestätigung. Und falls was ist, dann melde Dich bei uns, wir kümmern uns darum.
Umgekehrt gilt aber auch: Wenn der „Versorger“ mich womöglich bald nicht mehr versorgt, weil es kein Gas gibt oder ich es mir nicht leisten kann, dann ist mein Involvement gewaltig – im negativen Sinne.
Tauber: Richtig. Das Involvement hat tatsächlich stark zugenommen. Die Leute fragen sich: Wann kommt der Blackout? Haben wir noch genügend Gas? Kann ich meine Rechnung bezahlen? Das hat auch schon unsere Kommunikation verändert. Wir setzen inhaltlich noch viel mehr als sonst auf Beruhigung.
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