Aus der Deckung

Robert von Heusinger war 21 Jahre lang Journalist und versteht nur zu gut, warum sich Redaktionen und Verbraucherschützer mit der Schufa schwertun. Seit Januar 2022 ist er Kommunikationschef der größten deutschen Wirtschaftsauskunftei. Er soll das Unternehmen neu positionieren: als transparenten Anwalt der Verbraucher.

Robert von Heusinger: “Wir wollen den Menschen erklären, was die Schufa überhaupt tut und warum wir wichtig für sie sind.”

Ein Jahr lang hatte die Schufa an „Check-NOW“ getüftelt. Dann trat Deutschlands größte Wirtschaftsauskunftei mit einer echten Innovation an die Öffentlichkeit: Menschen mit einer schlechten Kreditwürdigkeit, also einem niedrigen „Score“, sollten eine zweite Chance erhalten. Die Idee: Anders als früher könnten sie etwa trotzdem einen Mobilfunkvertrag abschließen – vorausgesetzt, sie erlauben der Schufa, einen Blick auf ihre Kontoauszüge zu werfen.

Normalerweise haben die Wiesbadener nämlich keinen Direktzugriff auf die Umsätze der Bürger, sondern zählen nur die Konten, Darlehen, Kreditkarten und Zahlungsausfälle. Wenn diese Daten für einen schlechten Score sorgen, so die Idee von CheckNOW, könnten solide Kontobewegungen die Bewertung verbessern. Für den Testlauf hatte sich die Schufa mit dem Start-up Finapi zusammengetan. Man hegte größte Hoffnungen.

Doch das Recherchenetzwerk von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung bekam Wind vom geplanten Pilotversuch mit dem Mobilfunker Telefónica und schoss CheckNOW Ende November 2020 nach allen Regeln der Kunst ab: „Schufa will Konten ausforschen“, lautete die Zeile. Die Journalisten ließen Datenschützer Peter Schaar mit seinen Bedenken zu Wort kommen, zitierten aus einer internen Vertriebsshow, in der eine Schufa-Mitarbeiterin erklärte, dass die Leute die Einwilligung bestimmt „durchklicken“ würden, schließlich seien sie „faul und bequem“. Ergebnis: Es hagelte Kritik. Wenige Monate später wurde CheckNOW eingestellt.

Robert von Heusinger, selbst lange Journalist, kann gut nachvollziehen, warum das Projekt derart schlecht ankam. Der 55-Jährige leitet seit Januar 2022 die Kommunikation der Schufa. Zwar ereignete sich das CheckNOW-Desaster vor seiner Zeit, doch es wirkt bis heute nach und prägt von Heusingers Strategie. Seine erste Lehre lautet: „Wenn Du so etwas nicht selbst kommunizierst, sondern ein Rechercheverbund es leakt, dann wird es schwer, den negativen Spin zu ändern.“ Zweite Lehre: „Die Idee an sich war gut, aber wenn man als Blackbox und Datenkrake positioniert ist und dann noch mehr Daten haben will – das funktioniert natürlich nicht.“

Als ein Personalberater von Heusinger im Frühjahr 2021 den Job als Kommunikationschef der Auskunftei (Kasten „Die Auskunft“) vorschlug, war er zunächst skeptisch. Ausgerechnet die Schufa? Erstens passte das Unternehmen auf den ersten Blick kaum zu seinem bisherigen Werdegang – für den profilierten Finanzjournalisten mit einer Station als Deutschland-Kommunikator der britischen HSBC wäre eher eine weitere Bank infrage gekommen.

Zweitens: Die Schufa hat in der deutschen Bevölkerung zwar eine Bekanntheit von 98 Prozent, sagt von Heusinger, sie ist aber alles andere als eine „Love Brand“. Im Gegenteil. Die Vorurteile sind vielfältig: Die Schufa horte sensible Verbraucherdaten. Die Schufa verhindere, dass rechtschaffene, hart arbeitende Menschen eine Wohnung mieten oder einen Handyvertrag abschließen können. Am schlimmsten aber ist, dass sie niemandem verrät, wie ihre „Scores“ genau zustande kommen.

Trotz aller Vorbehalte gegen die Offerte beschäftigte sich von Heusinger mit dem Unternehmen, führte Gespräche. Er lernte die neue Schufa-Chefin Tanja Birkholz kennen, die seit 2020 dabei ist, die der Auskunftei „Transparenz, Erklärbarkeit und Fairness“ verordnet hat und das Unternehmen wieder „in der Gesellschaft verankern“ will. Er erfuhr, wie viele „gute, neue Leute“ Birkholz schon zur Schufa geholt hatte. Er zog die erste „Datenkopie“ seiner eigenen Schufa-Akte.

Und von Heusinger erkannte, dass er bei der Schufa erstmals den gesamten Werkzeugkasten der Kommunikation würde nutzen können. „Bei HSBC habe ich in gewisser Weise in einem geschützten Raum gearbeitet“, sagt er. Er kannte die meisten Journalisten, die anriefen, weil sie früher seine Kollegen waren. Die Strategie kam aus London, und die Stakeholder waren B2B-Zielgruppen. Jetzt hat Heusinger es mit der Bild-Zeitung und dem NDR zu tun – und generell mit kritischen Journalisten.

Dass seine Ex-Kollegen argwöhnisch auf die Schufa blicken, liegt auch daran, dass das Unternehmen jahrzehntelang sehr zurückhaltend kommuniziert hat. […]

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