Die einhellige Meinung vor dem letzten Spieltag der Bundesliga war eindeutig: Die Siegesserie des FC Bayern München wird an diesem Samstag nach zehn Jahren beendet und Borussia Dortmund Deutscher Meister. War aber nichts.

Dabei war alles so schön vorbereitet. Der BVB wäre von einer breiten Welle der Sympathie zum Sieg getragen worden. Ganz Dortmund war gelb-schwarz geflaggt. Die Medien hatten die Schlagzeilen schon vorbereitet. Schon vor Spielbeginn waren die Siegestrophäen produziert. Tausende Fanschals, auf denen der BVB als Meister gefeiert wurde, lagen griffbereit vor dem Stadion. Die Party-Locations waren gebucht, der Autokorso startbereit.
Die Bayern verhakelten sich währenddessen intern. Zwei Spitzenmanager des Klubs verschwanden von der Bildfläche. Sie wurden auf unschöne Art rausgeschmissen. Oliver Kahn, einst legendärer Torwart der Nationalmannschaft, wurde die Teilnahme am Spiel verboten. Für ihn der „schlimmste Tag seines Lebens“, sagte er der Bild am Sonntag.
War alles nichts. Nach dem Schlusspfiff war schnell klar, dass keins der beiden Profiteams an einen Plan B gedacht hat. Weder im Management noch auf dem Platz. Die Münchner waren ihrer Rolle als Sieger nicht gewachsen, und Dortmund tauchte weinend ab. Es handelt sich hier um ein börsennotiertes Unternehmen.
Nun ist beim Sport das Ergebnis immer offen. Favorit zu sein, kann gefährlich werden. Aber so groß ist der Unterschied zu wirtschaftlichen oder politischen „Schlachten“ auch nicht. Die tollsten Produkte, die beste Performance können sich über Nacht in Luft auflösen. Das hat der Volkswagen-Konzern 2015 erlebt. Aktuell taumelt der ehemalige Börsenliebling adidas. Und auch vermeintlich sichere Unternehmenserfolge, wie die Übernahme von Monsanto durch die Bayer AG, können im Spiel kippen.
Man kann nicht alle Risiken genau vorhersagen. Schwarze Schwäne tauchen halt unangemeldet und überraschend auf. Da Planszenarien unsicherer werden, sind Teams in der PR Strategie nötig, die das Undenkbare denken und den einsatzbereiten Plan B in der Schublade haben.
Davon muss außerhalb der PR-Truppe niemand etwas wissen. Weder Vorstände noch die Compliance- oder Rechtsabteilung. Aber alle müssen darauf bauen können, dass in unerwartbaren Situationen, seien sie politisch, pandemisch oder wirtschaftlich begründet, die Kommunikationsprofis nur eine Antwort haben, wenn ihr Chef fragt: „Was machen wir denn jetzt?“. Nämlich: „Haben wir schon vorbereitet, wir können unser Konzept in fünf Minuten präsentieren.“

Bei diesem Kommentar handelt es sich um das Editorial der prmagazin-Printausgabe Juni 2023.
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