
Die traditionsreiche Stahlsparte von thyssenkrupp hat eine tiefgreifende Sanierung vor sich, die Arbeitnehmer sind alarmiert. Nach nur wenigen Monaten als Kommunikationschef steht Frank Grodzki damit bereits im Feuer. Mit dem prmagazin spricht er über interne Kommunikation in schwierigen Zeiten.
prmagazin: Herr Grodzki, am 24. Mai stand der CEO von thyssenkrupp, Miguel López, in Duisburg vor einer Protestkundgebung von Stahlarbeitern und versuchte zu erklären, wie er deren Arbeitsplätze retten will. Die Leute buhten und pfiffen ihn aus, es gab böse Zwischenrufe. War der Auftritt rückblickend eine gute Idee?
Frank Grodzki: Ja, es gehört zu unserer Unternehmenskultur, dass die Menschen im Konzern ihrem Unmut lautstark Luft machen können. Wer thyssenkrupp kennt, weiß das. Deshalb war es für unseren CEO auch kein Problem, ihnen Rede und Antwort zu stehen. Im Gegenteil. Es war besonders wichtig. Schließlich reden wir über eine große, lang andauernde Transformation des Stahlgeschäfts.
War es denn seine Idee oder Ihre?
Unsere gemeinsame. Weil es ein Zeichen setzt, wenn sich der Vorstandsvorsitzende in einer solchen Situation vor die Belegschaft stellt. Das zeigt den Kolleginnen und Kollegen, dass der Vorstand sie, ihre Situation, ihre Sorgen und ihre Fragen sehr ernst nimmt. Als wir erfahren haben, dass die IG Metall diese Kundgebung plant, hat Miguel López um Redezeit gebeten. Diesem Wunsch wurde entsprochen.
Miguel López ist seit 2023 Vorstandschef. Von Anfang an haben die Arbeitnehmervertreter bei Kundgebungen und in ihrer Kommunikation den Eindruck erweckt, von dem CEO sei vor allem Schlimmes zu erwarten. Warum ist es nicht gelungen, mehr Aufbruchstimmung zu erzeugen? Immerhin will López doch jetzt endlich schaffen, woran alle seine Vorgänger gescheitert sind: die Stahlsparte zu retten.
Miguel López ist von Anfang an mit einer klaren Botschaft angetreten: „Ein ,Weiter so‘ darf es nicht mehr geben. Der Konzern muss endlich wieder profitabel werden.“ Veränderungen sind dringend notwendig, bedeuten aber auch schmerzhafte Einschnitte. Als er im Juni vergangenen Jahres seine Arbeit als CEO aufgenommen hat, galt thyssenkrupp in den Medien und am Kapitalmarkt als „Ankündigungsweltmeister“. Mehrere Lösungen seiner Vorgängerinnen und Vorgänger, die bereits in greifbarer Nähe schienen, sind gescheitert. Jetzt muss gehandelt und umgesetzt werden – und das mit Tempo.
Sie meinen die Beinahe-Fusion mit dem indischen Konzern Tata Steel 2017 oder den Verkauf der Aufzugsparte 2020?
Ja, zum Beispiel. Der Verkauf der Elevator-Sparte hat rund 17 Milliarden Euro eingebracht. Damit wurde die Schuldenlast reduziert und unsere Bilanz gestärkt. Doch die Rücklage schmilzt. In den vergangenen Jahren sind mehrere Milliarden Euro abgeflossen. Gleichzeitig wollen und müssen wir den Konzern fit für die Zukunft machen und CO2-neutral Stahl produzieren. Wir wissen aber nicht, wie sich die Energiekosten entwickeln werden. Außerdem gibt es in Deutschland noch keine ausreichende Wasserstoffinfrastruktur, und uns ist nicht bekannt, ob es weitere staatliche Fördergelder gibt. Es ist daher verständlich, dass die Arbeitnehmer viele Fragen haben, die wir aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht alle beantworten können. […]

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Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der prmagazin-Printausgabe Juni|Juli 2024.
