Netflix ist ein Medienliebling. Die Streaming-Plattform gilt als innovativ, divers und liberal. Damit das so bleibt, investiert das US-Unternehmen hierzulande nun in eine eigene Corporate PR. Denn kritische Themen sind in Sicht. Sie zu meistern, ist der Job von Henning Dorstewitz, Netflix-Anhänger seit „House of Cards“ und seit Herbst 2020 Kommunikationschef für die DACH-Region und Osteuropa.

Kann ein Unternehmen digitaler sein als Netflix? Die Kunden der Streaming- Plattform melden sich per App an, sie zahlen online, schauen Filme und Serien auf Handy, Tablet und Smart-TV. Der „Content“ kommt digital, in HD-Auflösung, übers Breitbandinternet. Aus den bisherigen Sehgewohnheiten errechnet der selbstlernende Netflix-Algorithmus, was dem Nutzer sonst noch gefallen könnte, und sortiert sogar die Merkliste entsprechend, in der Netflix- Kunden speichern, was sie als Nächstes schauen möchten.
Nein, es ist kein Wunder, dass die Online- Videothek in kaum einem Essay zur Digitalisierung von Geschäftsmodellen fehlt. Also wird wohl auch die Kommunikation für ein Unternehmen wie Netflix extrem digital sein – oder? Man stellt sich agile Newsroom-Prozesse vor, perfekt orchestrierte Social-Media-Inhalte und überhaupt lauter verrückte, neue Digitalformate nach US-Vorbild.
Henning Dorstewitz winkt ab: „Wir arbeiten recht klassisch“, sagt der Netflix-Kommunikator trocken. „Per Telefon, Veranstaltungen und Pressemitteilung.“ Seine Zielgruppe sind eben Medienjournalisten bei Fachzeitschriften wie Blickpunkt Film oder epd Medien und bei Programmheften, zudem Wirtschaftsredaktionen. Und: Netflix, das wird im Gespräch mit Dorstewitz schnell deutlich, will gar nicht als Digitalkonzern wahrgenommen werden.
Der 45-Jährige ist seit Februar 2019 an Bord und seit November 2020 zuständig für Deutschland, Österreich, die Schweiz sowie Mittel- und Osteuropa. Mit US-Digitalkonzernen kennt er sich bestens aus. Er hat als Kommunikator für YouTube gearbeitet, war bei Google und Twitter. Die Arbeitsweise bei Netflix ähnele durchaus der in anderen Tech- Firmen, sagt er: „die Art, wie man Halbjahres- und Comms-Pläne schreibt, die Krisenkommunikation, die Feedback-Kultur, bei der man sich für Kritik jederzeit bedankt – da gibt es schon viele Gemeinsamkeiten“.
Doch während Netflix ein ausgesprochen positives Image hat, als progressiv, innovativ und mutig gilt, haben die GAFA-Riesen Google, Apple, Facebook und Amazon seit geraumer Zeit mit Gegenwind zu kämpfen. Wettbewerbshüter und Datenschützer machen ihnen das Leben schwer. Politiker drohen mit Anti-Monopolgesetzen. Demokratieaktivisten kritisieren sie wegen „Hate Speech“ auf den Plattformen.
Netflix positioniert sich deshalb ganz bewusst nicht als Plattform-, sondern als Medienunternehmen und vergleicht sich lieber mit Disney als mit Apple. Auch Dorstewitz redet am liebsten über die Inhalte, die sein heutiger Arbeitgeber anbietet, über die Zusammenarbeit mit Künstlern und Produktionsfirmen sowie die Unternehmenskultur, die weniger „vom Software-Engineering“ getrieben sei als „vom Content“. […]
Dieser Text ist ein Auszug. Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der prmagazin-Ausgabe Juli 2021.