„Weniger Manager, mehr Coaches“

Der Leverkusener Dax-Konzern Bayer schafft Hierarchien weitgehend ab. „Dynamic Shared Ownership“ (DSO) lautet das Schlagwort. Über die Kernprinzipien des neuen Organisationsmodells und wie sie die Transformation begleiten, sprechen Kommunikationschef Michael Preuss und Tricia McKernan, Leiterin Global Transformation & Sustainability Communications.

(Foto: prmagazin/Jörg Heupel)

prmagazin: Das neue Führungsmodell bei Bayer heißt „Dynamic Shared Ownership“, kurz: DSO. Frau McKernan, in der Bayer-Kommunikation ist es Ihre Aufgabe, das Thema zu erklären. Erklären Sie es doch bitte mal.

Tricia McKernan: Dynamic Shared Ownership ist der Name für das Organisationsmodell bei Bayer und gleichzeitig ein Leitprinzip, wie Menschen zusammenarbeiten sollen. Den Begriff hat der CEO Bill Anderson geprägt. Ein Stück weit ist er selbsterklärend. Die Organisation soll sich immer wieder verändern – also dynamisch an Prioritäten ausrichten. Es geht um Verantwortung eines jeden Einzelnen im Team – Ownership –, und die ist nicht topdown, sondern dezentral: shared. Man kann den Ansatz auch als Frage formulieren: Wie würde man Bayer heute idealerweise führen, wenn sich nicht schon eine 160 Jahre alte Bürokratie mit bis zu zwölf Hierarchiestufen ausgebildet hätte? Wie würde man das Unternehmen so bauen, dass es die Kunden und Produkte in den Mittelpunkt stellt? Vieles bei der Umsetzung folgt dann diesem Prinzip, zum Beispiel dass die Verantwortung auf die Teams verteilt wird. Es geht darum, dass diejenigen, die am nächsten am Kunden sind und die Ergebnisse erwirtschaften sollen, auch die Mittel und Entscheidungsbefugnisse dafür in die Hand bekommen.

Ihre Botschaft lautet also: Wir bauen den bürokratischen Wasserkopf ab, der sich bei Bayer – wie in vielen anderen großen Organisationen – gebildet hat?

McKernan: Die notwendige Reduzierung von Führungsebenen ist eine von vielen Maßnahmen. Gary Hamel (ein führender Theoretiker zu Bürokratie- und Hierarchieabbau, Anm. d. Red.) sagt immer: Die klassische Konzernorganisation stammt aus einer Zeit, in der die meisten Mitarbeiter Analphabeten waren und ihnen vorgegeben wurde, was sie wie zu tun haben. Diese Zeit ist lange vorbei. Wir beschäftigen gut ausgebildete Leute, die auch eigenverantwortlich die meisten Entscheidungen selbst treffen können und sollen: auf der Grundlage ihres Wissens und transparenter Informationen.

Michael Preuss: In großen Unternehmen arbeiten Menschen zu oft innerhalb enger Entscheidungsspielräume. Das ist selten motivierend und wenig unternehmerisch, wenn Entscheidungen woanders getroffen werden. Im Privatleben ist das anders: Dort treffen sie ständig wichtige Entscheidungen und zeigen enorme Initiative und Kreativität. DSO versucht, diesen Unternehmergeist für das Unternehmen zu aktivieren. Das Modell ist ein echter Systemwechsel, übrigens auch für uns in der Kommunikation.

Wie muss ich mir diese Art zu führen konkret vorstellen?

Preuss: Natürlich haben wir weiterhin Führungskräfte. Zur deren Aufgaben gehört es, eine Vision für den Bereich zu entwickeln, das Organisationsmodell weiterzuentwickeln, Hindernisse zu beseitigen sowie als Coach zur Verfügung zu stehen. Statt starrer Budgets gibt es einen Rahmen, in dem die Teams selbst entscheiden sollen. So auch: Wir haben zu wenig Leute. Oder: Wir sind zu viele Leute – lasst uns das Team aufteilen.

Bill Anderson wurde 2023 CEO von Bayer, und es war von Anfang an klar, dass er einen solchen Umbau vorantreiben würde. Wann kam die Kommunikationsabteilung offiziell ins Spiel?

McKernan: Wir haben schon zu seiner Ankündigung im Februar 2023 die ersten Gespräche mit Bill geführt. Im April trat er in den Vorstand ein, im Juni übernahm er den Vorsitz. Während all dieser Monate hat uns die Frage beschäftigt, wie wir diese grundlegende Transformation kommunikativ gestalten. In Grundzügen haben wir das schon im Vorstellungsvideo von Bill getan. Im September 2023 haben wir dann mit viel mehr detaillierten Informationen über alle Kanäle so richtig losgelegt.

Wie sah das aus?

McKernan: Passenderweise waren diejenigen, die das Thema begleiten sollten, eins der ersten DSOTeams des Unternehmens. […]


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Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der prmagazin-Printausgabe Dezember 2024 | Januar 2025.