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Die Amerikanerin Lauren Day leitet seit einem guten Jahr die Kommunikation des Versicherungskonzerns Allianz. Ihren Einstand hatte sie während des Finanzskandals bei der Allianz-Tochter AGI in den USA. Jetzt kommt sie endlich dazu, den Bereich nach ihren Vorstellungen umzubauen. Ihr strategisches Ziel: Vertrauen. Von Reputation als Erfolgsmaßstab hält sie nicht viel.

Foto: prmagazin/Alexander von Spreti

Einen Tag, bevor Lauren Day offiziell bei der Allianz anfing, veröffentlichte die Compliance-Abteilung des Versicherers eine Ad-hoc-Mitteilung. Es war Sonntag, der 1. August 2021, am nächsten Morgen sollte die neue Chefkommunikatorin ihren Posten antreten. Auf den ersten Blick las sich die Ad-hoc harmlos: „Neubewertung der Risiken im Zusammenhang mit den Structured Alpha Fonds“, war die Meldung betitelt – Fachinfos eben.

Im Weiteren berichtete der Konzern in dürren Worten, dass das US-Justizministerium Ermittlungen gegen die Allianz eingeleitet habe. In Anbetracht dessen, hieß es weiter, sei der Vorstand zu dem Schluss gekommen, dass dies „erhebliche Auswirkungen auf künftige Finanzergebnisse“ haben könnte. Zuverlässige Prognosen seien noch nicht möglich. Das gelte auch für die Höhe möglicher Strafzahlungen.

Für die Journalisten, die den Konzern covern, war es, als würde eine Bombe platzen: Die Ad-hoc markierte eine 180-Grad-Wende. Zwei Dutzend USGroßinvestoren hatten die Allianz-Tochter AGI ein Jahr zuvor verklagt. Sie waren mit den hochspekulativen Structured-Alpha-Investments in der Corona-Krise baden gegangen, hatten nicht die versprochenen zehn Prozent Rendite bekommen, sondern hohe Verluste erlitten.

Der Konzern hatte die Sache geprüft – Ergebnis: „keine Unregelmäßigkeiten“. Nun aber – deshalb die Ad-hoc – hatte sich überraschend herausgestellt, dass drei Allianz-Fondsmanager wohl Betrüger waren. Structured Alpha wurde von einer Zivilklage zu einem Fall für die Strafverfolgungsbehörden.

Lauren Day fand sich inmitten eines der größten Finanzskandale der vergangenen Jahre wieder. Der Betrug um Structured Alpha kostete die Allianz schließlich ihren US-Vermögensverwalter AGI – das US-Geschäft ging an den Konkurrenten Voya, AGI darf zehn Jahre lang in den USA keine Fonds anbieten. Hinzu kommen insgesamt sechs Milliarden US-Dollar an Kosten, davon fünf Milliarden als freiwillige Entschädigung für die Investoren.

Kommunikatorin Day hatte wegen des Chaos keine Zeit, sich langsam einzuarbeiten. „Es war wie ein Zeitsprung, als wäre ich schon acht Monate dabei“, sagt sie. Doch die Situation hatte aus ihrer Sicht auch Vorteile: „Ich habe von Anfang an enorm eng mit meinen Kollegen zusammengearbeitet. Das hat uns zusammengeschweißt.“

Lauren Day ist eine Überraschung – und auch wieder nicht. Wenig überraschend ist, wie sie einen mit Charme umgarnt, diesem Strahlen und der Begabung für Smalltalk, über die Europäer nur staunen können. Das erwartet man von einer Amerikanerin. Dass sie laufend Literaturzitate fallen lässt und sich bestens mit klassischer Musik auskennt – man ertappt sich dabei, dass einen das dann doch überrascht. Day ist eine dieser Ostküsten-Intellektuellen, die Europäer gern für atypische Amerikaner halten. Sie könnte auch gut Botschafterin sein.

Vor allem wird beim Treffen in der Allianz-Zentrale am Englischen Garten in München schnell klar, dass Day ein besonderes Verständnis von Unternehmenskommunikation hat. Wie sie über ihren Job spricht, klingt hierzulande ungewohnt. […]

Dieser Text ist ein Auszug. Die vollständige Titelstory über die Allianz-Kommunikation unter Lauren Day lesen Sie in der prmagazin-Ausgabe September 2022.