CEOs sind zu sprachlich glatt geschliffenen, optisch austauschbaren Figuren mutiert, kritisiert Frank Dopheide, Geschäftsführer der Purpose-Agentur human unlimited. Corona hat gezeigt: Manager*innen müssen nicht nur Zahlen verstehen, sondern auch Menschen lieben. Sie müssen Vorbilder und Vordenker sein. Und sie müssen etwas zu sagen haben.

Es ist seltsam: Obwohl Führung zuallererst die Fähigkeit bedeutet, Menschen zu bewegen, scheinen Pädagogen, Philosophen oder Theologen dafür maximal ungeeignet. Sie schaffen es bei der Personalauswahl für höchste Managementposten nicht mal in die Wiedervorlagemappe.
Der Top-Floor der Unternehmen wird von Zahlenmenschen bewohnt. Ein Blick auf die Homepages der ersten und zweiten Börsenliga zeigt: Ohne jeden medizinischen Eingriff scheint es ihnen gelungen, sich selbst zu reproduzieren. Der Druck von Zahlen und Öffentlichkeit scheint die Wirtschaftsspitze glatt geschliffen zu haben.
In der obersten Etage herrscht Monokultur von Feinsten, alle kommen offensichtlich aus demselben Stall, auch im Denken und Sprechen. Per Jobdefinition verbringen sie einen Großteil ihrer Zeit mit dem Studieren von Excel-Tabellen und PowerPoint-Charts. Das bleibt nicht ohne Wirkung, auch auf ihr Sprachzentrum. Ihr kommunikativer Dreisatz heißt: Wachstum, Effizienzsteigerung und Profitmaximierung. Ihre Gedanken und Zungen scheinen von einer fremden Macht gesteuert, genannt: der Markt.
Wie konnte es dazu kommen?
Die Fähigkeit, uns menschlich auszudrücken, haben wir mühsam vor etwa 60.000 Jahren entwickelt. Mehr als eine Million Jahre nach dem Schritt in Richtung aufrechter Gang wurde die Sprache zum wahren Treiber unserer menschlichen Entwicklung. Schon in der Höhle hielten das Sprechen und das Geschichtenerzählen uns Menschen zusammen.
Der kluge Plato klärte uns vor fast 2.500 Jahren auf: „Diejenigen, die die Geschichten erzählen, regieren unsere Gesellschaft.“ Der wortgewaltige Winston Churchill glaubte: „Von allen Fähigkeiten ist keine so wertvoll wie die Gabe der Rhetorik. Wer sie besitzt, übt eine Macht aus, die dauerhafter ist als die eines großen Königs.“
Ohne große Reden, so schien es, konnte man kein großer Anführer sein. Kommunikation ist der Motor, der die Welt in Bewegung setzt. Die Königsdisziplin jeder Führungskraft, ob Vorstandschef oder Papst. Die magische Fähigkeit, Ideen ins Licht der Öffentlichkeit und in die Welt rücken. Oder wie wir in dem Buch aller Bücher lesen: Am Anfang war das Wort. […]
Dieser Text ist ein Auszug. Lesen Sie in der April-Ausgabe des prmagazins, warum viele Manager*innen Kommunikation nicht mehr als zentrales Führungsinstrument, sondern als lästige Zwangsbeschäftigung und Hochrisiko-Sport verstehen, weshalb die Kommunikation dadurch ihren Reiz verloren hat – und wie Corona der Welt der Corporate-Rituale den Stecker zog und dem Top-Management die Sprache zurückgab.