Beyond Newsroom

Maika-Alexander Stangenberg, Kommunikationschef von Atruvia, dem größten Anbieter von Banken-IT in Deutschland, organisiert seine Leute nach den Prinzipien des Agile Management. „Beyond Newsroom“ nennt er das Konzept. So will er das Unternehmen der Genossenschaftsbanken strategisch völlig neu positionieren.

Die neue App der Volks- und Raiffeisenbanken– für die genossenschaftlichen Kreditinstitute ist sie in vielerlei Hinsicht ein Meilenstein. Das Programm namens „VR Banking“ können Kunden seit Anfang Oktober 2021 in den App-Stores von Google und Apple herunterladen. Zum einen ist die App komplett renoviert. „Sieht wirklich modern aus. Gute Arbeit“, schreibt ein Android-Nutzer im Forum des Google Playstore.

Zum anderen soll sie künftig jede Menge Zusatzfunktionen bieten, auch wenn in der ersten Version noch Entscheidendes fehlt: Die Scan-Funktion, der Zugriff aufs Wertpapierdepot – kommt mit den nächsten Updates. Dass sich die ersten App-Nutzer zudem über Abstürze, schlechte Performance und einen Sprachassistenten beschweren, der „nur Quatsch“ versteht? Aus Sicht von Entwickler Atruvia ist das nicht schlimm.

Denn kleine „Bugs“ sind im neuen, agilen Setup des genossenschaftlichen IT-Dienstleisters im Grunde vorgesehen. Statt wie früher jahrelang am „Release“ eines neuen IT-Systems zu feilen, bis wirklich jeder Fehler ausgemerzt ist, will Atruvia jetzt vor allem eins sein: schnell. Die Entwickler arbeiten nach dem Prinzip des „Minimum Viable Product“ (MVP), gehen also ganz bewusst mit Beta-Versionen auf den Markt. Sie testen am Kunden, sammeln Feedback und optimieren daraufhin die nächsten Versionen.

Apple und Google machen es genauso – einziger Unterschied: Atruvia hat die neue App „still“ gestartet und sie ganz ohne Werbung in die App-Stores geladen. Erst wenn das Produkt ausgereifter ist, werden die Volks- und Raiffeisenbanken in großem Stil bei ihren Kunden dafür trommeln. Das ist für das erste Quartal 2022 geplant.

Unternehmen wie Atruvia entwickeln und betreiben, was moderne Kreditinstitute ausmacht: die IT. „Wir stellen das Herz-Kreislaufsystem der Banken zur Verfügung“, erklärt Maika-Alexander Stangenberg, der seit 2017 die Kommunikation des Dienstleisters leitet. Die frühere Fiducia & GAD hat nicht weniger als eine Kulturrevolution hinter sich. Nach vielen Fusionen, bei denen am Ende die Rechenzentrale Fiducia im Süden und die GAD im Norden Deutschlands übriggeblieben waren, brauchten die GENO-Banken, wie die genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbanken im Branchenjargon heißen, mehrere Anläufe, ihre letzten beiden ITTöchter auch noch miteinander zu verschmelzen.

Im Jahr 2015 gelang das – doch das neue Unternehmen krankte an der Kompromissmarke mit dem &-Zeichen, an unterschiedlichen Mentalitäten, Unternehmenskulturen und IT-Systemen. Bis heute sind Münster und Karlsruhe gleichberechtigte „Hauptstandorte“ – rechtlicher Firmensitz ist Frankfurt.

Gleichzeitig sind die Anforderungen so hoch wie nie. Anhaltende Niedrigzinsen lassen die Margen der Banken seit Jahren schrumpfen, die Regulierungsbehörden ziehen die Zügel an. Viele Kunden wollen ihre Bankgeschäfte am liebsten auf dem Smartphone erledigen – auf jeden Fall online. Fintechs wie PayPal und sogenannte Neobanken à la N26 graben etablierten Anbietern das Wasser ab. „Die Volksbanken müssen in Sachen Digitalisierung aufholen und dürfen sich keine Fehler erlauben“, resümiert ein Redakteur für die Finanzbranche.

Wie für alle anderen traditionellen Banken gilt auch für die Genossen: Die IT-Dienstleister werden wichtiger. Nicht zu vergessen: Auch das Software-Haus der biederen Volksbanken braucht Top-Entwickler, und die sind auf dem Arbeitsmarkt heiß begehrt. Also machte sich Fiducia & GAD 2019 auf den Weg. „Wir wollten keine graduelle Änderung, sondern einen radikalen Umbau“, sagt Stangenberg. „Und der Change sollte zu uns passen – nicht von der Stange sein.“ Mehrere 100 Mitarbeiter arbeiteten daher in zahlreichen „Sprints“ und Initiativen am neuen Unternehmen mit.

Ergebnis: „Wir bauen uns radikal um und arbeiten an der digitalen Bank der Zukunft“, sagt Stangenberg. […]

Dieser Text ist ein Auszug. Wie Maika-Alexander Stangenberg die Atruvia-Kommunikation umgebaut hat, lesen Sie in der Titelgeschichte der prmagazin-Ausgabe Dezember 2021.