Die Mineralölindustrie inszeniert seit Jahren ihre Bemühungen um Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Doch ihr Handeln steht im Widerspruch dazu, kritisieren nicht nur Umwelt-NGOs, sondern immer lauter auch Leitmedien und Mitarbeiter. Was sagen die Konzerne dazu? So gut wie nichts.
BP steigt in deutsche Offshore-Windparks ein, Shell errichtet Ladepunkte für E-Autos, Total kauft einen Direktvermarkter von Strom aus erneuerbaren Quellen. Wer sich auf den Presseseiten der Mineralölriesen umschaut, bekommt wenig Schmutziges zu sehen. Windräder, Stromstecker und Ladesäulen dominieren das Bild. Nicht mal das Wort „Öl“ ist einfach zu finden, denn die Ölunternehmen bezeichnen sich längst mehr als solche. Shell nennt sich „Energieunternehmen“, Total heißt jetzt TotalEnergies, um seinen Wandel zum „Multi-Energie-Unternehmen“ deutlich zu machen.
„Die Energie erfindet sich neu“, heißt es dazu auf der Presseseite von TotalEnergies. Das neue Logo, ein in ein E übergehendes T, soll ein Symbol für diese „Energiereise“ sein. Öl wird auf der Presseseite des französichen Konzerns als eine von sieben „Energien“ aufgelistet, neben Erdgas, Elektrizität, Wasserstoff, Biomasse, Wind- und Solarenergie.
Für CEO Patrick Pouyanné ist Deutschland „ein Labor“ für diesen Umbau. Das Unternehmen hat sein Tankstellennetz hierzulande verkauft und investiert in Ladestationen für Elektrofahrzeuge. „Deutschland ist für uns der Zielmarkt in Europa, er entspricht unserer auf Gas und Erneuerbare ausgerichteten Wachstumsstrategie“, sagte Pouyanné kürzlich im Interview mit dem Handelsblatt.
„Unsere Kommunikationspolitik spiegelt die Umwandlung von TotalEnergies in ein Multi-Energie-Unternehmen wider“, heißt es aus der Pariser Pressestelle von TotalEnergies. „Wir heben die Beweise für unsere Transformation hervor und stützen uns auf unsere Ambitionen, die deutlich gemacht werden.“ Den verbreiteten Vorwurf, dass eine solche Strategie Greenwashing sei, weist die Pressestelle mit Verweis auf die Investitionen des Unternehmens in kohlenstoffarme Energien zurück.
Was die Kommunikation der Ölriesen nicht widerspiegelt: Die Gewinne kommen größtenteils noch aus dem alten Geschäft – Diesel, Benzin, Kerosin, Heizöl, Schmierstoffe, Bremsflüssigkeiten. Die Unternehmen halten zwar offiziell an ihren großen Nachhaltigkeitszielen – Klimaneutralität bis 2050 – fest, setzen aber wieder verstärkt auf fossile Brennstoffe.
Das US-Unternehmen ExxonMobil kündigte beispielsweise 2023 an, den Konkurrenten Pioneer Natural Resources zu übernehmen. Und seit mit der russischen Invasion in der Ukraine die Gaspreise gestiegen sind, fahren die Konzerne mit fossilen Brennstoffen wieder hohe Gewinne ein.
Dieser Widerspruch ist natürlich auch der Presse nicht verborgen geblieben.
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Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der prmagazin-Printausgabe Dezember 2023 | Januar 2024
