Von China lernen

Carsten Senz, Deutschland-Kommunikationschef von Huawei, versteht sich als Brückenbauer ins Reich der Mitte. Er ermutigt vor allem Mittelständler, sich vorurteilsfrei mit China auseinanderzusetzen.

Gerade für Kommunikationsverantwortliche ist der Dialog über China zentral. Sie können den Austausch aktiv gestalten.“ – Carsten Senz

Wer mit Deutschen spricht, die in China leben oder regelmäßig dorthin reisen, erkennt ein anderes Land, als es die deutsche Berichterstattung oft zeichnet: ein Land, das sich mit enormem Tempo entwickelt, mit Menschen, die Ideen umsetzen, Technologien erproben und wirtschaftliche Chancen nutzen. Ein Kontrast zu den Schlagzeilen, in denen meist geopolitische Konflikte oder Systemfragen im Vordergrund stehen.

China ist für die deutsche Wirtschaft unverzichtbar. Fast jeder größere Mittelständler hat dort Kunden, Lieferanten oder Partner. In Zukunftsfeldern wie Elektromobilität, Digitalisierung oder KI setzt das Land der Mitte längst Maßstäbe. Doch viele Entscheider hierzulande wissen wenig über den chinesischen Markt, seine Dynamiken und die handelnden Akteure.

Der Aufstieg des Landes ist kein Zufall, sondern das Ergebnis jahrzehntelangen Lernens. Behörden, Forschung und Unternehmen haben weltweit beobachtet, wie andere Erfolg haben – und das Beste übernommen. Fleiß, Innovationsgeist und schnelle Umsetzung prägen das wirtschaftliche Klima. Der Wettbewerb ist hart, aber er spornt an.

Wer verstehen will, wie diese Märkte wirklich funktionieren, muss mit Menschen sprechen, die sie kennen. Tausende Deutsche arbeiten in China, viele seit Jahren. Sie wissen, was funktioniert, wo die Unterschiede liegen – und was man daraus lernen kann. Ihr Wissen ist ein Schatz, den deutsche Unternehmen bisher kaum heben.

China-Kompetenz heißt, Risiken und Chancen rational zu bewerten. Strategisches Scouting und kontinuierliche Marktbeobachtung helfen, Entwicklungen frühzeitig zu erkennen inzuordnen. Wer nur in Worst-Case-Szenarien denkt, blockiert Innovation. Dadurch entsteht das größte Risiko: dass wir uns von den besten Ideen, Technologien und Partnern isolieren – und so an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Diese Entwicklung ist längst sichtbar.

Wir haben die Wahl: Abschottung und schleichender Rückstand – oder Kooperation, Lernen und Wettbewerbsfähigkeit. Wer sich auf Austausch und Dialog einlässt, gewinnt Perspektiven, die keine Statistik je liefern kann. Goethe hatte recht: Reisen bildet. Zuhören auch.

Gerade für Kommunikationsverantwortliche ist der Dialog über China zentral. Sie können den Austausch mit Partnern, Medien und Mitarbeitenden aktiv gestalten. Wer internationale Narrative versteht und kulturelle Unterschiede erkennt, kann Brücken bauen, statt Gräben zu vertiefen. Es geht nicht um politische Sympathie, sondern um ökonomische Realität.

Der Weg nach vorn führt über Offenheit, Wissen und Kommunikation. Wer den Dialog pflegt, legt die Basis für eine zukunftsfähige, resiliente und international anschlussfähige Unternehmenskommunikation.

Dieser Kommentar ist zuerst in der prmagazin-Ausgabe 11/2025 erschienen.



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