Die Bekleidungskette C&A hat ihre besten Jahre hinter sich. Eine neue Geschäftsführung will die einstige Branchengröße wieder auf Kurs bringen und hat dem Unternehmen eine Verjüngungskur verordnet. Kommunikationschefin Betty Kieß sitzt mit am Steuer – und zugleich im Spagat zwischen Wollen und Dürfen.

Betty Kieß setzt beim Termin mit dem prmagazin direkt ein Zeichen: Sie trägt einen bräunlichen, in der Taille gebundenen Rock aus Lederimitat in Wadenlänge, dazu eine weinrote Bluse. Mit ihrer Kleidung und den blonden, schulterlangen Haaren wirkt die 44-Jährige modisch auf der Höhe der Zeit. Wer nun direkt einwendet, eine solche Beschreibung sei aus der Zeit gefallen und befeuere Schubladendenken, unterschätzt die Botschaft, die die Kommunikationschefin von C&A Europa mit ihrem Outfit senden will: Bei uns läuft ganz schön viel anders als bisher. „Viele würden gar nicht glauben, dass der Look von C&A ist“, sagt Kieß, Typ rheinische Frohnatur, und lacht.
Noch ist das Image der Textilkette angestaubt, modische Kleidung trauen die wenigsten dem Unternehmen zu. Und eine Frau an der Spitze der Kommunikation? Mehr als drei Jahrzehnte war dieser Posten fest in der Hand eines Mannes. Inzwischen weht frischer Wind in der Europa-Zentrale in Düsseldorf. Die komplette Führungsmannschaft von C&A Europa wurde in den vergangenen zwei Jahren bunt zusammengewürfelt. CEO Giny Boer und Personalchef Jean Sebastien Guy kommen von Ikea, Finanzchefin Birgit Kretschmer von adidas, Nachhaltigkeitschefin Suzanne McKenna vom Schuhhersteller Clarks, COO Jason Morgan vom Schmuckhändler Pandora, Digitalchef Joris van Rooy von Nike.
Boer, seit Januar 2021 an der Spitze, hat dem Unternehmen eine Verjüngungskur verordnet. Die Aufgabenliste ist lang: Unter dem Titel „One C&A“ will sie unter anderem das bislang vernachlässigte Online-Geschäft ausbauen, die über 1.300 Filialen modernisieren, Prozesse optimieren, Hierarchien abbauen und Kosten sparen. Die ersten Schritte ist Boer schon gegangen: Sie hat die Länderorganisationen zentralisiert, die europäischen Märkte in den Regionen Mittelosteuropa, Benelux und Südeuropa gebündelt. Nur Deutschland, der wichtigste Markt für C&A, behält seine eigenständige Organisation. Mehr als die Hälfte der Geschäfte wurde modernisiert, die C&A-Kollektionen sind online bei führenden Händlern wie Zalando und Amazon erhältlich.
Auch Betty Kieß ist Teil der Transformation. Sie ist nicht nur die erste Frau in dieser Position, sondern zudem die erste Kommunikationsleitung, die zur Geschäftsführung gehört. Seit November hat sie, so wie jedes Vorstandsmitglied bei C&A Europa, einen Executive Assistant, mit dem sie gemeinsam an strategischen Projekten arbeitet. Ein Branchenkenner ordnet ein: „Es ist in der Tat recht ungewöhnlich für C&A, die Kommunikation in die Geschäftsführung aufzunehmen. Das könnte ein Indiz dafür sein, dass sie es wirklich ernst meinen, der Kommunikation mehr Bedeutung zu geben.“ Kieß kommt von E.ON. Sie hatte sich dort hochgearbeitet, von der internen Kommunikation über die Vorstandsbetreuung bis zur Leitung der strategischen Kommunikation.
Jetzt soll sie bei C&A die Weichen neu stellen. Das Unternehmen hat die Kommunikation lange stiefmütterlich behandelt. Mal wurde die Abteilung aufgestockt, mal eingedampft. Hinzu kommt, dass die Eigentümerfamilie Brenninkmeijer allgemein sehr zurückhaltend kommuniziert. Für Kieß ist es ein Spagat zwischen eigenem Wunsch und den Grenzen der Kommunikation. C&A gibt keine Zahlen preis – auch wenn Kieß gern etwas dazu sagen würde. „Perspektivisch werden wir auch hier transparenter“, kündigt sie an. Die Journalisten zeigen Verständnis: „Sie kommuniziert gut, obwohl ihr zum Teil die Hände gebunden sind“, heißt es. Man kennt die Brenninkmeijers eben in der Medienszene. Kieß betont, die Familie habe sich schon deutlich geöffnet. „Der Deal zwischen Giny Boer und den Brenninkmeijers ist klar: Sie bekommt Freiheit und Zeit für ihre Aufgabe“, sagt sie.
Und was Kieß selbst betrifft: „Ich habe den Job angenommen, weil ich wusste, dass ich hier viel bewegen kann.“ Ihr Mann sei erst mal skeptisch gewesen, als sie das Angebot bekam. Kieß hat nicht nur ihn überzeugt, sondern will ihr Vertrauen in das Unternehmen nach außen tragen und andere überzeugen, an C&A zu glauben. Und so konzentriert sich die Kommunikatorin auf die Stellhebel, an denen sie etwas bewirken kann: Sie will der Marke C&A wieder zu alter Strahlkraft verhelfen.
Kieß steht vor einer Mammutaufgabe. […]
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